Bergprodukte, Sanfter Tourismus und Genuss aus den Alpen

Mit unseren Kunden auf Informationstour im Hinterrheintal

Wir bringen unsere Kunden zu den Käsereien – unterwegs im graubündener Hinterrheintal von Andeer bis zum San Bernardino
Unsere Gruppe im Andeerer KäsekellerIm Juli 2010 kam Hansjörg Schrade von ecofit mit der Frage auf uns zu, ob wir eine Kundenfahrt zu unseren Käsereien in Graubünden organisieren könnten.
Da wir bei Berggenuss gerade dabei waren, eine Genussreise für Slowfood, ebenfalls in Graubünden, zu organisieren, und auch gerne gute persönliche Kontakte zu unseren Lieferanten pflegen, waren wir für diese Idee sofort Feuer und Flamme.
Unterstützt durch Alpinavera, eine Vermarktungsorganisation für Bergprodukte aus der Südostschweiz, bei der wir seit einigen Jahren Partner sind, haben wir uns an die Planung dieser Kundenfahrt gemacht.

Am 12. August 2010 waren wir dann zuerst bei ecofit in Stuttgart, um unser Handelskonzept und unsere Firmenphilosophie zu präsentieren. Hansjörg Schrade hatte eine Auswahl seiner Kunden zu dieser Präsentation eingeladen, denen er unser Käsaesortiment ans Herz legen möchte.
Wir hatten bis dahin die Tour ausgearbeitet und konnten sie bei dieser Gelegenheit gleich vorstellen.

31. August 2010. Wir fahren um kurz nach 6 Uhr Morgens in Wehringen los. Um halb 11 wollen wir uns in Thusis (Graubünden) mit den Teilnehmern unserer Kundenreise hier treffen.
In Süddeutschland Regenwetter, im Schweizer Rheintal einzelne Güsse – und hinter Chur zeigt sich der blaue Hinmmel. Es läuft gut und wir sind viel zu früh um 9 an der Raststätte Viamala, dem vereinbarten Treffpunkt.
Hansjörg kommt mit seinem Bus voll Leuten pünklich wie die Maurer. Wir stellen uns gegenseitig vor und besprechen kurz den Ablauf der folgenden beiden Tage.

Wir werden im Graubündner Hinterrheintal die Sennereien in Andeer, Sufers und Splügen besichtigen, anschliessend unser Quartier in Nufenen besichtigen und dann zur Alp Nufenen aufsteigen, wo wir zu Abend essen wollen.
Am nächsten Tag werden wir uns aufteilen. Unsere eine Gruppe wird eine längere Wanderung von Nufenen zum Dorf San Bernardino unternehmen, und die andere Gruppe wird über den San-Bernardino Pass fahren, dort eine kürzere Wanderung unternehmen und den Nachmittag am See verbringen. Treffen werden wir uns im Dorf S. Bernardino im Café.

Sennerei Andeer

Käsemeisterin Maria Meier (links) begrüsst uns in der SennereiIn der Sennerei Andeer, rätoromanisch Stizun da Latg, begrüssen uns Maria Meier und Martin Bienerth. Maria ist die Käsemeisterin – eine der ersten, die es in der Schweiz gab – und Martin kümmert sich um die Käsepflege, den Laden und den Vertrieb der Andeerer Käse. Dank des unermüdlichen Einsatzes der beiden ist die Sennerei Andeer in Kennerkreisen gut bekannt, und an was das genau liegt, werden wir hier erfahren.
Maria und Martin sind seit 9 Jahren hier in der Sennerei Andeer, nachdem sie vorher schon viele Jahre auf Alpen gekäst hatten. Sie verarbeiten ca. 400.000 Liter Milch im Jahr – das ist nach deutschen Masstäben eine sehr kleine Käserei.

Maria vertritt die Ansicht, dass der Käse so gut sein muss, dass er den hohen Preis rechtfertigt. Der Käse muss soviel kosten, dass die Betriebskosten gedeckt sind und die Bauern einem Milchpreis bekommen, mit dem sie weitermachen können. Letztlich entscheidet der Kunde, ob er den Käse zu dem hohen Preis kauft, und dafür muss der Käse natürlich super sein.

Andeer gratuliert seiner WeltmeisterinIhrem Anspruch werden Maria und Martin in der Sennerei Andeer auf jeden Fall gerecht, denn sie haben mit Ihrem Käse "Andeerer Traum" bei der Käseweltmeisterschaft 2010 in Madison, USA, den Weltmeistertitel in der Kategorie "geschmierte Hartkäse" und als zweitbester Käse weltweit über alle Kategorien gewonnen. Damit ist auch die Richtung "Klasse statt Masse" vorgegeben, die in der Sennerei Andeer auch in Zukunft verfolgt wird.

Das wird unter anderem dadurch erreicht, dass hier handwerkliche Arbeit auf höchstem Niveau geleistet wird. Natürlich spielt auch das Futter eine Rolle, das von den Bergwiesen in bis über 2000 Metern Meereshöhe stammt. Dieses Futter enthält in hohem Maße Omega3-Fettsäuren und andere Bestandteile, die dann auch in der Milch enthalten sind und den Grundstock dafür bilden, wie der Käse letzlich wird. Im Sommer ist das Milchfett durch das Grünfutter weicher und das ergibt cremigere Käse, die Heufütterung im Winter führt zu festerem Fett, was sich dann im Käse und auch in der Butter bemerkbar macht, die im Winter im kalten Zustand fast bröckeling ist.
Milchanlieferung bei der Sennerei AndeerSehr wichtig ist auch der tägliche Kontakt mit den Milchbauern, die ihre Milch hier direkt anliefern. Die Erfahrung zeigt, dass sich unsauberes Arbeiten am besten vermeiden lässt, wenn man sich täglich in die Augen sehen muss. Die Milchhygiene ist nämlich ein weiterer wichtiger Eckpfeiler für die zukünftige Käsequalität, vor allem da hier fast ausschließlich Rohmilchkäse gemacht wird.
Ein Besonderheit in Andeer ist, dass die Bauern einen höheren Milchpreis erhalten, wenn sie Ihren Kühen die Hörner lassen. Damit soll die artgerechte Tierhaltung gefördert werden und die Bauern sollen einen Ausgleich dafür erhalten, dass sie weniger Tiere auf gleicher Fläche halten können.

 

 

 

 

 

 

 

Maria beim BuchführenMaria käst nach 4 Grundrezepten, die sich nach Fettgehalt und Käsekulturen unterscheiden. Mit unterschiedlichen Altersstufen bekommen die Käse auch neue Namen, so dass es in Andeer insgesamt rund 20 Käsesorten gibt. Für Maria ist beim Käsen zu einem Drittel die Milchqualität entscheidend, ein Drittel machen die Kulturen aus, die auch sehr unterschiedlich sein können, und ein Drittel ist das Handwerk. Natürlich kommt es dann auch noch auf die sorgfältige Pflege während der Reifung an, aber Fehler, die beim Käsen gemacht werden, lassen sich auch durch noch so gute Pflege nicht mehr rückgängig machen. Wenn der Käse in der Form ist, dann wird er noch einige Stunden warm gehalten, damit der Reifungsprozess in Gang kommt, aber am Inhalt kann von aussen nichts mehr verändert werden.

Um Weltmeister zu werden, reicht es nicht aus, einfach irgendeinen Käse auszusuchen und einzuschicken. Die Auswahl erfolgt über wochenlange Beobachtung und erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl – es ist eine Wissenschaft für sich. Man hat seine Tagesproduktion von ca. 20 Laiben, da prüft man einen, und dann prüft man einen zweiten, und so findet man heraus, an welchem Tag der Käse besonders gut geworden ist.
Auf die Frage, ob sie sich dabei auch nach dem Mond richtet, antwortet Maria, dass der Mond gewiss Einfluss hat, aber dass andere Faktoren stärker sind. Sie meint, sie müsste wohl die Kühe beobachten, denn die sind am sensibelsten was das angeht, aber wenn dann an dem Tag eine Dichtung kaputt ist, hat das einen sehr viel höheren Einfluss.

Im Sennereiladen in AndeerAls nächstes treffen wir uns mit Martin im Sennereiladen, der inzwischen ein richtiger Dorfladen ist. Als sie die Sennerei übernommen haben, war der Laden noch konventionell, inzwischen haben sie auf reine Bioprodukte umgestellt. Die Käseheke hat Martin inzwischen zu 80 Prozent mit Käsen aus eigener Produktion bestückt, zuerst hatte er Angst, dass durch das eingeschränkte Sortiment der Absatz zurückgeht, aber er ist im Gegenteil kontinuierlich angestiegen. Für den Verkauf hier im Laden macht Maria auch einen sehr delikaten Camembert, von dem es leider zu wenig gibt. Die Frischmilchprodukte – Butter, Joghurt, Frischmilch - kommen alle hier aus der Sennerei, in der Kühlung stehen große Milchkannen aus denen die Kunden die Milch in mitgebrachte Kannen und Flaschen schöpfen können.
Dazu wird hier im Dorfladen ein Trockensortiment in Bioqualität angeboten.


Martin hat im Käsekeller ein Buffet angerichtet, wo wir die verschiedenen Käsesorten natürlich probieren wollen. Es gibt Saft, Wein, Brot, Butter und Käseplatten.
Hier sehen wir, dass derselbe Käse mit zwei Monaten als Cremant bezeichnet wird, ab 4 Monaten heisst er Gourmer und ab 6 Monaten Andeerer Traum. Daran erkennt man schon ganz deutlich, dass der Käse gar nicht schlecht werden kann, denn der älteste ist der mit dem Weltmeistertitel.

Martin Bienerth im KäsekellerBeim Essen gibt uns Martin Bienerth eine Einführung in die Geheimnisse der Milch. Natürlich werden die üblichen Kontrollen auf Keime und Zellzahlen in der Milch gemacht, aber das sind mehr technische Kontrollen. Ob die Milch wirklich gut ist, merkt man erst, wenn man den Käse liegen lässt und abwartet, was für Aromen sich entwickeln. Als Maria und Martin die Sennerei übernommen haben, haben sie erst einmal beobachtet, was passiert. Das Vertrauen zwischen den Bauern und den neuen Sennern musste sich erst entwickeln.

Bis jetzt hatten sie erst zwei Fälle von schlechter Milch. Einmal hatte eine Kuh Antibiotika bekommen, und dadurch waren die Bakterienkulturen komplett blockiert. Der Käse entwickelte sich überhaupt nicht.
Ein anderes Mal hatten sie eine Fall von Propionsäurebakterien, und es war detektivische Feinarbeit, bis als Verursacher eine poröse Dichtung im Milchtank eines liefernden Milchbauern ausgemacht war. Propionsäurebakterien sind zwar gesundheitlich unbedenklich - sie sind in geringer Anzahl immer dabei und werden beim Emmentaler sogar gezielt gefördert – aber der Käse war gebläht und rissig und in der Theke unverkäuflich, und der Schaden war relativ groß. Leider ist das Problem erst nach 4 Monaten aufgefallen, so dass schon sehr viel Käse betroffen war.
Dieses Problem konnte durch sorgfältige Nachforschungen aber vollständig beseitigt werden, wie sie bei der Weltmeisterschaft eindrucksvoll bewiesen haben.

Der Geschmack des Rotschmierkäses wird von der Rinde mitbestimmt. Eine grosse Rolle spielt auch das Salz, das aber vorsichtig verwendet wird da es sich durch den Wasserverlust bei der Lagerung anreichert. Bei schlechter Milch liesse sich mit dem Salz der Geschmack überdecken, aber das ist hier nicht angebracht. Deswegen werden die Käse nur in den ersten Tagen gesalzen und später mit reinem Wasser gebürstet.
Martin hat jeden Käselaib im Sommer mindestens einmal in der Woche, im Winter mindestens alle zwei Wochen in der Hand. Das hat mit den unterschiedlichen Temperaturen zu tun, denn der Käse reift im Winter langsamer. Eine große Arbeitserleichterung hat die Kühlung des Käsekellers verschafft, denn dadurch reift der Käse auch im Sommer langsamer. Früher musste bei Wärme noch öfter gepflegt werden. Jeder Laib wird begutachtet, geschmiert und gewendet wieder abgelegt.

 

Sennerei Sufers
Mit Dionys Zinsli vor der Sennerei SufersWir hätten uns gerne noch länger hier aufgehalten, doch unser Zeitplan lässt uns aufbrechen.
Die nächste Station ist zwar nur eine viertel Stunde entfernt, liegt jedoch fast 500 Meter höher auf 1450 Meter in Sufers. Die Sennerei liegt schön in aussichtsreicher Lage am oberen Ortsende.
Die Sennerei gehört der Gemeinde, Vreni und Dionys Zinsli haben sie gepachtet. Sie kaufen die Milch ein und verkaufen die Produkte. Dionys sagt, seine Frau sei sehr nützlich, aber er ringt nach Worten, mit denen er sie nicht beleidigt. Das ganze findet in ziemlich scherzhafter Stimmung statt.

Heute gekästFür die Besichtigung der Sennerei müssen wir Schuh-Pariser anziehen. Das ist Müllsackfolie mit Gummiband für die Schuhe, damit keine Keime in die Sennerei getragen werden.
In der Sennerei werden 150.000 Liter Ziegenmilch, und 15.000 Schafmilch und ca. 300.000 Liter Kuhmilch verarbeitet.

Der Käsekeller ist relativ klein, so dass Klein aber fein – Suferser Käsesortenwir nacheinander zirkulieren müssen. Es gibt noch einen zweiten Käsekeller, der unten im Crestawald 70 Meter tief im Fels liegt. Dort hat der Käse absolut gleichmässige Temperatur. Es handelt sich um einen Teil des Schweizer Reduit (Alpenfestung) gegen das Dritte Reich, der heute verpachtet wird.
Der Mascarplin, ein gereifter Geissziger, findet unter den Käsekennern sofort Freunde. Leider gibt es davon zu wenig, um ihn in den Export zu bringen. Ganz ausgezeichnet schmeckt der Schafkäse und der Bergkäse aus dem Felsenkeller.

 

Sennerei Splügen

Das Dorf Splügen am HinterrheinWir fahren weiter nach Splügen, um auch dort die Sennerei zu besuchen. Das Dorf Splügen war durch den Passverkehr über den Splügenpass zu einigem Wohlstand gekommen, was bis heute in dem fast städtischen Ortsbild mit grossen alten Häusern zum Ausdruck kommt.
Die Sennerei liegt direkt an der Brücke über den Rhein in einem relativ neuen Gebäude. Hier wird die Milch von 8 Biomilch-Produzenten verarbeitet.

Jürg Flükiger begrüsst uns in der Sennerei und hier bekommen wir nun eine richtige Einführung in die Käseherstellung.

Vor gut 150 Jahren gab es im Hinterheintal nur eine sehr spärliche Milchwirtschaft und Käseproduktion. Der Handel über die Pässe bestimmte das Leben. Die einen verdienten ihren Lebensunterhalt, indem sie Waren von Nord nach Süd oder vom Süden in den Norden über die Pässe gesäumt haben. Die meisten Leute hatte Pferde für den Transport, und wer kein Pferd hatte, hat Heu gemacht, um es als Futter an die Händler zu verkaufen. In dieser Zeit waren hier etwas 270 Pferde ständig unterwegs.
Spluegen Dorf im HinterrheintalMit der Eröffnung der Bahnstrecke durch den Sankt Gotthard vor knapp 130 Jahren brach das Transportwesen von einem Tag auf den anderen zusammen. Es war schlimm für das Tal und ein großer Teil der Bevölkerung musste auswandern. Heute leben hier im Tal nicht mehr halb so viele Leute wie vor diesem Zusammenbruch.
Ca 1940 sollten Teile des Tals in einem Stausee versinken, um die Städte des Schweizer Mittellandes mit Strom zu versorgen. Den Gemeinden wurde viel Geld versprochen, man konnte sich aber erfolgreich dagegen wehren.
Um 1936 haben die Bauern eine Genossenschaft gegründet. Die Kühe haben im Winter gekalbt, da haben die Kälber die ganze Milch gebraucht,. Dann aber im Frühjahr, wenn das frische Futter gewachsen ist, hatten sie zu viel Milch. Die Bauern haben eine kleine Käserei gebaut, in der heute das Museum ist. Hier hat jeder Bauer soviel Milch abgeliefert, wie er übrig hatte, und dementsprechend erhielt er Käse zurück.
1966 wurde die Sennerei neu gebaut. 27 Bauern mit 230.000 Liter Milch waren beteiligt - das ist weniger, als ein durchschnittlicher deutscher Milcherzeuger heute produziert.

Ein großer Schritt war die Heubelüftung, denn dadurch war es erst möglich, genügend Futter für mehr Kühe zu gewinnen.
Heute sind es noch 8 Bauern, die ca. 700.000 Liter Milch liefern – nach unserem Mastäben ist die Sennerei Splügen auch heute noch ein Kleinbetrieb.

Die Sennerei gehört den Bauern, und Herr Flükiger pachtet sie. Er zahlt einen Zins pro Kilogramm Milch, das heisst seine Pacht hängt von der angelieferten Milchmenge ab. Es gibt zwei gängige Betriebsmodelle im schweizer Berggebiet, das eine ist die Pacht auf Milchlieferung, das andere arbeitet mit einem angestellten Betriebsleiter – in beiden Fällen gehört die Sennerei genossenschaftlich den Bauern.

Moderne Technik im SennereihandwerkDie Milchanlieferung erfolgt zweimal täglich jeweils zwischen 6 und 7 am Morgen und Abend. Momentan stehen die Kühe noch auf über 2000 Metern Höhe, und bei dem momentanen Wetter (in der Nacht auf den 31. August hat es geschneit) können wir uns leicht vorstellen, wie das Futter in der Höhe um diese Jahreszeit weniger wird. Damit geben auch die besten Kühe um diese Jahreszeit kaum mehr Milch.
Man lässt die Kühe heute im Herbst ihre Kälber kriegen, und die meiste Milch kommt dann von Dezember bis März in der Sennerei an.
Die Milch wird auch heute noch bei der Anlieferung gewogen und die Lieferung wie in alten Zeiten handschriftlich festgehalten. Die Bauern haben immer noch die gleichen Nummern wie vor 30 Jahren.
Hier in Splügen wird die Milch thermisiert, um das Risiko von Schadkulturen zu minimieren. Gerade im Herbst, wenn nur alle zwei Tage gekäst wird, ist die Gefahr gross, dass sich unerwünschte Bakterien in der Milch vermehren und die Qualität des Käses beeinträchtigen.


Beste Weide - beste MilchDie Milchqualität ist je nach Jahreszeit unterschiedlich. Die Kühe stehen im Herbst auf den Talweiden und fressen da noch sehr viel weiche Kräuter, deswegen ist im Herbst die Milch allgemein etwas schwieriger und hat erhöhte Zellzahlen. Hier in Splügen wird dann vor allem Käse gemacht, der möglichst schnell verzehrt wird, vor allem Raclette-Käse der nicht so lange gelagert wird. Ziemlich schwierig ist es auch, gegen Ende der Alpsaison einen ähnlichen Käsegeschmack zu bekommen wie zu Beginn des Sommers.
Im Winter fressen die Kühe fast ausschließlich Heu aus der örtlichen Produktion, die Zufütterung von Kraftfutter ist im Biobereich sowieso auf 10 % begrenzt und das wird oft gar nicht ausgenutzt.
Wie wir bereits in Andeer gehört haben, ergibt die Heufütterung besser lagerfähigen Käse, der dann auch länger reifen kann.

Bei ca. 31 Grad werden die Kulturen in die Milch eingerührt und dann lässt man sie mindestens 20 Minuten arbeiten. Jede Käsesorte benötige andere Kulturmischungen, es sind Milchsäurebakterien und andere Mikroorganismen.
KulturzubereitungIn der Schweiz werden die Kulturen von der Forschungsanstalt für Milchwirtschaft gezüchtet und auch mit Bio-Zertifizierung geliefert. Diese Kulturen kommen jede Woche neu in die Sennerei und werden dann von Tag zu Tag wie Joghurtkulturen bei ca. 38 Grad 12 Stunden in Magermilch vermehrt. Für einen Käsekessel von 3000 Litern benötigt man 4 bis 6 Liter dieser Kulturmischung.
Ein grosses Problem bei den Käsekulturen sind Bakteriophagen – Bakterienviren – die die Kulturen befallen und zerstören, weswegen heute meist mehrere Reservekulturen nebeneinander gehalten werden, in der Hoffnung, dass eine resistent ist. Es gibt Fälle, wo eine jahrzehntelang bewährte Käsekultur plötzlich befallen wird und zusammenbricht.

Auch wenn eine Kuh Antibiotika bekommt und die Milch verwendet wird, dann bringt das das Wachstum der Milchsäurebakterien zum Erliegen. Schon Spuren reichen aus, dass die ebenfalls immer vorhandenene Colibakterien wegen ihrer Resistenz die Oberhand gewinnen. Das führt dann zur Bildung von CO2 und der Käse geht innerhalb von 24 Stunden auf wie ein Ballon. Auf den Alpen kommt das manchmal vor, oder wenn wegen Krankheit eine Aushilfskraft eingesetzt wird die über die einzelnen Tiere nicht so Bescheid weiss. Das ist für die Sennerei ein Totalschaden.

Wenn die Kulturen ca. 20 Minuten bis eine halbe Stunde vorgearbeitet haben, kommt das Lab hinein. Es gibt drei verschiede Labsorten. Das eine wird aus dem Magen von Kälbern gewonnen, die nur mit Milch gefüttert wurden. Diese Kälber bilden ein Enzym, dass das Casein der Milch zum Gerinnen bringt. Man braucht ziemlich wenig, das heisst wenn ein Kalb geschlachtet wird, dann kann man den Magen trocknen und dann ziemlich lange damit arbeiten. trotzdem sind Vegetarier diesem Lab gegenüber ablehnend eingestellt, deswegen ist auch auch mikrobielles Lab üblich. Es gibt daneben auch pflanzliches Lab aus Labkraut, was aber so teuer ist dass es sich kaum rentiert.

Mit Lab und Milchsäure wird das Casein ausgefällt, dass die Masse des normalen Käses bildet. In der Molke oder Schotte verbleibt ein weiteres Eiweiss, Albumin, das durch Erhitzen der Molke auf 90 Grad und Säurezugabe ausgefällt werden kann. Das ergibt die Masse für Ziger (was nichts mit Ziegen zu tun hat), beispielsweise Schabziger der noch eine Buttersäuregärung durchmacht.

Mit der Käseharfe wird der Bruch geschnittenDas Lab braucht etwa 30 bis 45 Minuten, bis sich die Dickete, eine puddingartige Masse bildet, die dann mit der Messerharfe geschnitten wird. Die Messerharfe hat gegenüber der normalen Drahtharfe den Vorteil, das sie die Bruchkörner nicht so sehr quetscht, sondern besser schneidet. Dadurch trennt sich die Molke noch sauberer vom Käsebruch. Man bekommt einen schöneren Käsekuchen. Je härter der Käse werden soll, desto feiner wird der Bruch geschnitten. Bei Weichkäse belässt man relativ große Brocken, die einen hohen Wassergehalt haben.

Nach dem Schneiden wird der Bruch gebrannt, das heisst erwärmt, dabei ziehen sich die körner zusammen und scheiden weitere Molke aus. Bei Hartkäse geht man bis auf etwa 54 Grad. Hier in Splügen wird hauptsächlich Halbharttkäse gemacht, bei dem der Bruch je nach Jahreszeit auf 40 bis 44 Grad erwärmt wird. Bei zu hoher Brenntemperatur wächst der Käseteig nicht mehr richtig zusammen.
Früher hat man den Bruch mit dem Käsetuch abgeseiht, aber hier ist die Menge zu groß. Deswegen wird der Kesselinhalt in eine verstellbare Form gefüllt, aus der die Molke abfliessen kann und die sich in der Länge so einrichten lässt, dass die Masse trotz unterschiedlicher Menge immer etwa gleich hoch zu liegen kommt. Junge Käselaibe im SalzbadHier wird dann die Masse in viereckige Stücke geschnitten, die dann in die runden Käseformen gedrückt werden.
In diesen Formen verbleibt der Käse rund 24 Stunden unter leichtem Druck und wird schön warm gehalten, damit der Käseteig richtig zusammenwächst. Hierbei wird der Milchzucker abgebaut und die eigentliche Käsemasse gebildet.

Nach einem Tag kommen die Käselaibe ins Salzbad, sie schwimmen dann für rund 24 im Salzwasser, um Salz aufzunehmen und die Rindenbildung in Gang zu setzen.
Anschliessend werden die Käse im Reifungskeller gelagert und jede Woche nass abgebürstet, "geschmiert". Das Schmieren ist wichtig für eine gesunde Rindenbildung und trägt mit der Rotschmere zum aromatischen Geschmack bei.

Die Lagertemperatur beträgt 10 bis 12 Grad, damit werden die richtigen Käsebakterien begünstigt. Emmentaler würde man bei höherer Temperatur lagern, um die Propionsäurebakterien zu fördern, die das Gas für die Löcherbildung bilden.
Gut gereift - Passo della SplugaHier in Splügen werden die Käse noch von Hand geschmiert, und das bedeutet natürlich einige Tonnen Käse, die jede Woche einmal in die Hand genommen werden und bewegt werden müssen.
Zum Teil wird der Käse mit Wein und Kräutern geschmiert, der Passo della Spluga ist eine Spezialität aus dieser Sennerei, den wir sehr schätzen.

Schon südlich des San-Bernardino-Passes, also von hier aus gerade über den Berg, wird nach Tessiner oder italienischer Art gereift, das heisst der Käse wird nur trocken gebürstet und bildet keine Rotschmiere aus. Der Käse bildet dann keine Oberflächenkulturen aus und schmeckt dadurch ganz anders.

Jürg Flükiger mit Käse nach Tessiner ArtHerr Flükiger zeigt uns auch Käse, der ganz jung in drei Schichten geschnitten wird, zwischen die Kräuter gestreut werden. Insgesamt macht er hier etwa 15 Käsesorten, die aber teilweise nur hier im Umfeld verkauft werden.
Nach drei Monaten wird von der Kontrollstelle von jedem Produktionstag ein Käse angbohrt, und wenn der in Ordnung ist, dann gibt es den vollen Preis. Sonst gibt es je nach Fehlern im Käse Abzüge. Dabei ist der Käse dann immer noch gut und geschmacklich in Ordnung, aber er hat eben kleine Fehler.
Bei ausgeprägteren Fehlern geht der Käse in die Schmelzerei, was zu erheblichen Einbussen führt.

Bei der anschliessenden Käseverkostung probieren wir Panna Cotta mit Nüssen, Bündner Bergkäse und Passo della Spluga – es wird langsam schwierig, unter den ganzen Leckereien zu entscheiden, was besser ist, denn sie schmecken alle ausgesprochen gut.

 

Nufenen – Alp Nufenen

Das Ortsbild von NufenenAnschliessend fahren wir nach Nufenen. Nufenen ist das zweitoberste Dorf des Hinterrheintals, nur wenige Kilometer vor dem San-Bernardino-Tunnel.
Wir werden von Familie Simmen in Empfang genommen, beziehen nun erst einmal unser Nachtquartier und gönnen uns eine Stunde Pause.

Aufstieg über die Wiesen oberhalb des DorfesGegen 17:30 brechen wir auf, um zur Alp Nufenen aufzusteigen. Hier wollen wir zu Abend essen und möchten noch etwas zur Käserei Nufenen hören.
Christian Schumacher, der Schwiegervater des heutigen Senners Christian Simmen, der 30 Jahre lang Alpmeister in Nufenen war, begleitet uns für den Aufstieg. Wir haben etwa fünfhundert Höhenmeter bis zur Alp zu steigen, dafür sind wir gut 5 viertel Stunden unterwegs.
Christian Schumacher erzählt uns auch wieder einiges zur Geschichte des Tales und zur Alpbewirtschaftung.


Der Empfang auf der Alp NufenenKurz vor 19 Uhr kommen wir auf der Alp auf 2050 m Höhe an. Zum Empfang kommen uns wie bestellt die Kühe entgegen, die nach dem Melken nun wieder über Nacht auf die Weide getrieben werden.
In der Alp ist für uns eine große Käseverkostung angerichtet und dazu erzählt und nun Christian Simmen Details zur hiesigen Arbeitsweise.
In Nufenen gibt es noch 12 Bauern, von denen 11 sich auf die Milchproduktion spezialisiert haben, Es sind alles Bio-Betriebe, die ca. 900.000 Liter Milch in die Sennerei liefern. Fleischproduktion (Mast) spielt hier keine große Rolle, aber die Kälber für die Milchwirtschaft werden hier selbst nachgezogen.

Die Bauern haben im Schnitt ca. 30 Hektar Land, aber was sich nach grossen Betrieben anhört, das täuscht. Je nach Lage der Wiesen braucht eine Kuh hier mehr als ein Hektar Land, im Schnitt kann 0,8 bis eine Kuh pro Hektar gehalten werden – im Vergleich zu 3 Kühen pro Hektar im Flachland.

Käseplatte der Sennerei NufenenDie Wiesen um das Dorf auf ca. 1600 Metern Höhe werden zwei Mal im Jahr gemäht, in mittlerer Höhe bis 2000 Metern einmal im Jahr, und in den Hochlagen wird jedes Jahr nur die Hälfte im Wechsel, also alle zwei Jahre gemäht. Dafür ist das Heu aus den Hochlagen ausserordentlich gehaltvoll.
Im Frühsommer explodieren die Bergwiesen förmlich, man kann dann das Vieh immer kurz unterhalb der zurückweichenden Schneegrenze nach oben weiden lassen.

 

 

 

In der Schweiz ist die Milchquote seit Mai dieses Jahres aufgehoben, man konnte aber schon seit 2 oder drei Jahren Anträge auf Mehrproduktion stellen und der Milchpreis in der Schweiz stand besonders im industriellen Sektor sehr unter Druck.
Hier die Sennerei Nufenen hat sich aber – wie die anderen Kleinsennereien des Tales – in einer Nische etabliert und konnte sich so den Milchpreisschwankungen etwas entziehen. Das ist zwar nicht ganz möglich, weil es bei hohem Milchangebot natürlich auch überall billigen Käse gibt, aber das wird durch die hohe Qualität der hiesigen Produktion teilweise abgefangen.

Hansjörg Schrade, Christian Simmen und Christian Schumacher auf der Alp NufenenDer Strukturwandel hat auch vor dem Hinterrheintal nicht völlig haltgemacht, und die Milchviehbetriebe sind auch hier bedeutend größer als vor einigen Jahrzehnten. Sie sind mit 70- bis 90.000 Kilogramm pro Jahr aber immer noch Kleinbetriebe, an den Masstäben des Flachlandes gemessen. Nufenen liegt nach der Schweizer Klassifizierung natürlich in der obersten Bergzone – die Schweiz ist klassifiziert in Talzone, Bergzone 1 -4, das hier ist Bergzone 4, und Sömmerungsgebiet. Die Zonierung hängt nicht nur von der absoluten Höhe ab, sondern auch von Relief, Exposition und Erreichbarkeit und Zone 4 ist natürlich die schwierigste Zone. Die oberen Lagen hier gehören zur Sömmerungszone, sind also nur saisonal besiedelt.
Es gibt je nach Steilheit und Geländebeschaffenheit auch Bergbauernzuschüsse.

In die Sennerei liefern 22 Bauern aus Nufenen und Hinterrhein, dem Nachbardorf. Die Anzahl der Tiere hat in den letzten Jahren nur begrenzt zugenommen, es hat mehr eine Verschiebung gegeben. Früher hatte die Kälbermast einen grösseren Stellenwert, heute ist es eben die Milchproduktion. Die Milchproduktion lässt sich natürlich nicht beliebig ausweiten, denn erstens lässt die Bioreglementierung keinen beliebigen Besatz zu und zweitens sind die Flächen gar nicht in der Lage, sehr viel mehr Tiere zu tragen. Kraftfutter darf - wie schon bei den anderen Sennereien erwähnt - nur begrenzt zugekauft werden, das würde auch zur Überdüngung der Wiesen führen. In der Regel werden fertige Weizen/Gerste/Mais-Mischungen als Kraftfutter verwendet. Es wird ausschließlich Bio-Kraftfutter verwendet. Die Kontrollen sind sehr streng, und das Wichtigste sind die unangemeldeten Kontrollen, die stichprobenartig immer wieder durchgeführt werden. Die Kontrolleure stehen dann einfach vor der Haustüre und möchten das Futterlager sehen.
Es funktioniert einfach nicht, bei höherem Milchpreis vier Kühe mehr zu halten, das ist bei dieser Wirtschaftsform nicht möglich.


Auch hier hören wir wieder, dass früher der Großteil der Bevölkerung vom Passverkehr und dem Transport gelebt hat und dass es nach der Eröffnung des Gotthardtunnels einen existensbedrohenden Einbruch gab. Ein Großteil der Bevölkerung ist in die USA, nach Neuseeland oder Kanada ausgewandert. Nur wenige Bauern haben hier die Landwirtschaft weitergeführt, die mit der Zeit dann auch wieder einen höheren Stellenwert erlangt hat. Ende des 19.Jahrhundert gab es hier noch mehr Pferde als Kühe.

Blick nach Südwesten in das oberste HinterrheintalIn der Käserei hat man die Jahreszahl 1846 gefunden, deswegen geht Herr Simmen davon aus, das man da begonnen hat, hier zu käsen. Man hat natürlich seit dem die Käserei kontinuierlich weiterentwickelt, die Protokolle, was alles probiert wurde und was für Erfahrungen gemacht wurden, sprechen ein beredte Sprache.
Um 1900 herum haben die Familien selbst mehr schlecht als recht gekäst. Sie sind morgens auf die Alp zum Melken und mittags ins Tal zum Heuen und abends wieder auf die Alp gegangen. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wurde das Käsen dann genossenschaftlich organisiert.
Nach 1950 wurde es zunehmend schwierig, Alppersonal zu bekommen und die Alpen waren auch in schlechtem Zustand.
1976 wurde über Melioration (Flurbereinigung) nachgedacht. Aber erst durch zwei Lawinenenunglücke im Winter 1976/77, die die Verlegung der San-Bernardino-Bundesstrasse notwendig machten, wurde es wirklich notwendig, etwas zu unternehmen. Infolge dessen übernahm der Bund einen grossen Teil der Kosten für diese Melioration, die dann ab 1979 durchgeführt wurde. Dabei wurde dann auch die Strasse auf die Alp herauf gebaut und die verschiedenen Flächen der einzelnen Höfe wurden zusammengelegt.

Nufenen mit dem weiten Alpgelände darüberSchliesslich wurde im Jahr 2003 die Sennerei komplett neu gebaut und die Käsereianlagen auf den neuesten Stand gebracht. Momentan wird ein neuer Käsekeller gebaut, um die Reifungskapazitäten zu erweitern. Es kann dann hier der gesamte Käse ausgereift werden, der bislang teilweise ausgelagert wurde.
Die Sennerei Nufenen produziert aus etwa 1,2 Million Litern Biomilch etwas über 100 Tonnen Käse im Jahr, der Rahm wird bislang abgeführt, soll aber auf Dauer zu Bündner Bergbutter verarbeitet werden.
Neben dem Bündner Bergkäse werden kleine Mengen Spezialitäten wie Mutschli und Joghurt für den regionalen Markt produziert.
Gekäst wird an 7 Tagen in der Woche. Ein grosser Vorteil ist auch hier der direkte Kontakt zu den Bauern, die die Milch anliefern. Daneben gibt es umfangreiche Qualitätskontrollen, die mit der frischen und warmen Milch durchgeführt werden. Diese Proben sagen wesentlich mehr über die Qualität der Milch aus, als die Proben mit gekühlter Milch, wie sie vom Lebensmittelgesetz vorgeschrieben sind und die selbstverständlich ebenfalls durchgeführt werden.

Ohne Heutrocknung keine Chance: frischgemähte Wiese mit Regenbogen bei NufenenDie ganze Milch ist natürlich silofreie Milch, Silagefütterung würde gar keine Käse ermöglichen, die so lange gereift werden können, hier käme es zu Buttersäuregärung und Gasbildungen. Teilweise ist Heutrocknung notwendig, wie wir gerade heute sehen, wo frisch gemäht ist, aber das Wetter wird wohl nicht warm genug werden, um den Schnitt völlig zu trocknen.
Die Milch ist im Sommer von Fett- und Eiweissgehalt her anders als im Winter, sie wird in der Sennerei aber so eingestellt, dass der Bündner Bergkäse das ganz Jahr über innerhalb einer gewissen Bandbreite gleich ist. Es wird im Herbst etwas Alpkäse gemacht, in dem sich die Unterschiede in der Milch spiegeln, aber der kommt nicht in den Handel.

Der größte Teil des Käses wird in der Schweiz vermarktet, es sind aber auch schon Lieferungen nach Kanada und Japan gegangen.
Insgesamt kann natürlich auch die Sennerei Nufenen preislich niemals mit Industriekäse mithalten, deswegen haben sie sich mit Ihrer Marke eine spezielle Nische besetzt, die sich durch die handwerkliche Produktion und die extrem hohe Qualität auszeichnet. Dabei haben auch die Milchbauern eine grosse Eigenverantwortung, denn der Milchpreis für die Bauern als Besitzer der Sennerei bestimmt sich durch den Endverkaufspreis des Käses, der wiederum ist sehr von der Käsequalität abhängt. Dafür ist es aber auch wichtig, dass Handel und Endverbraucher überhaupt wissen, wie der Käse schmeckt und welche Arbeit darin steckt. Aktionen wie die unsere von Berggenuss, bei der wir die Einkäufer mit den Käsern zusammenbringen, haben ebenfalls eine große Bedeutung. Das Verständnis der einen Seite für den Anderen wächst dadurch, und das ist sehr wichtig.

Bei der Reifung der Käse wird ein erheblicher Gewichtsverlust in Kauf genommen, hier steht schnelle Reifung mit wenig Verlust gegen lange Reifung mit hohem Verlust, und man hat sich hier für die lange Reifung wegen der Qualität entschieden. Der Käselaib nimmt während eines Jahres von gut 5 Kilo auf ca. 4,6 Kilogramm ab.

Wir haben nun einen Einblick bekommen und begreifen uns mit unseren Partnern als Zielgruppe, da wir uns ja auch vom gewöhnlichen Supermarktsegment abheben und ein offenes Verhältnis zu unseren Lieferanten pflegen.
Um so besser schmecken uns jetzt Käse und Trockenfleisch, und mit dem anschliessenden Rinderbraten mit Kartoffeln, Salat und abschliessendem Dessert runden wir diesen schönen Abend auf der Alp Nufenen ab.
Wir steigen dann noch mit der Stirnlampe durch die klare Bergnacht ab zu unserem Quartier, und diejenigen, die bereits zu müde sind, nutzen die Gelegenheit, sich fahren zu lassen.

Von Nufenen nach San Bernardino

Nufenen in der MorgensonneAm nächsten Morgen stehen wir um halb acht auf und setzen uns ans das reichhaltige Frühstücksbuffet. Nach einem umfangreichen Frühstück dürfen wir uns noch Brot, Fleisch und Käse für unterwegs einpacken. Gut gerüstet werden wir von unseren Gastgebern dann mit dem Auto über den Hinterrhein gebracht und steigen bei Beginn des Pfades ins Val Curciusa aus.

Über Nacht hat es aufgeklart und unter dem blankgefegten Himmel haben sich die Wiesen mit dem ersten Reif der kommenden Herbstes bezogen.
Es ist noch schattig und kalt. Wir steigen nun zuerst auf einem steilen Waldpfad und dann in leichem Auf und Ab im Steilhang oberhalb des tief eingeschnittenen Areua-Bachs auf einem schönen Bergpfad zur Alp de Rog. Kurz unterhalb erreicht uns die wärmende Sonne, und der Blick auf den Gletscher im Talschluss gibt Auftrieb.

Alp de Rog mit dem Piz di Pian - im Vordergrund bereifte WiesenAn den Alphütten erwartet uns bereits Rudi Helbing, der hier den Sommer als Hirte verbringt. Das soll uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass Rudi bereits in Neuseeland und Amerika gearbeitet hat, zwei Doktortitel besitzt und im Winter an der Universität Sankt Gallen lehrt. Keine Spur von Alp-Öhi. Hier werden Versuche zum Herdenmanagement gemacht, die zur Entwicklung einer zukunftsträchtgen Alpwirtschaft beitragen. Damit wird Landschaftspflege mit Nutzen für die Öffentlichkeit und wirtschaftlichem Gewinn verbunden.

Was uns der Rudi erzählt, ist faszinierend. Das ganze Curciusa-Tal wird von vier Alphütten aus bewirtschaftet, die alle auf dem Gebiet der Gemeinde Misocco liegen. Obwohl in Graubünden, ist Misocco eine Gemeinde auf der Alpensüdseite und gehört schon zum italienischen Sprachraum.

 

 

 

 

 

Die gut ausgebauten Hütten der Alp de Rog bilden so etwas wie das Zentrum dieses Alpgebietes. Hier gibt es weder Strom noch Internet, und es gibt auch keine Zufahrt. bei Saisonbeginn wird einiges an Versorgungsmaterial per Hubschrauber eingeflogen, ansonsten erfolgt die Versorgung mit Pferden und Maultieren.

Rudi Helbing (rechts), Hirte und HerdenmanagerAuf mehreren tausend Hektar weiden zwischen 1800 und 2800 m Höhe Kühe, Pferde, Schafe und Ziegen. Weiter hinten im Tal stehen momentan ca. 40 Pferde 1300 Schafe neben zahlreichen Kühen mit ihren Kälbern und weitverteilten Ziegenherden. Die Alp dient zu großen Teilen der Fleischproduktion und wird extensiv bewirtschaftet. Es erfordert einige Erfahrung, die Tiere an den richtigen Stellen weiden zu lassen, denn jede Tierart frisst etwas andere Pflanzen. Auch ist die Reihenfolge der Beweidung wichtig, denn Pferde fressen beispielsweise das Borstengras, das von den anderen Weidetieren verschmäht wird.

HerdenschutzhundeSehr interessant sind auch die Herdenschutzhunde, die absolut selbstständig die Schafherden bewachen. Sie werden zwar vom Menschen gefüttert und sind den Wanderern gegenüber nicht agressiv, sind jedoch nicht an den Menschen gebunden, sondern bleiben immer bei der Herde. Diese Hunde sollen auch Wölfe und Bären von den Herden vertreiben, mit deren Einwanderung aus Italien hier gerechnet werden muss. Sie sollen damit auch zu einem verträglichen Nebeneinander von wilder Natur und Nutztieren beitragen.

Nach dieser interessanten Unterhaltung sehen wir den weiteren Weg durch das Tal mit anderen Augen. Wie am Tag zuvor begleitet uns Christian Schumacher, der das Tal wie seine Westentasche kennt und und wieder auf das eine oder andere Detail aufmerksam macht. Wir steigen nun bei strahlend blauem Himmel durch das breite Tal der Sonne entgegen. Nach mehreren Talstufen erreichen wir einen großen, flachen Talboden, an dessen vorderem Rand ein paar grosse Steinblöcke zur Mittagsrast einladen. Hier sitzen wir bei angenehmer Temperatur in der Sonne und verspeisen unsere mitgebrachte Brotzeit. Weiter hinten im Tal weiden die Pferde und die Schafe, und darüber liegt unter blütenweissem Neuschnee der Gletscher. Alpenidylle pur, von Zivilisation ist weit und breit nichts zu sehen.

Zwischen den Pferden im hintersten Val CurciusaNach unserer Rast laufen wir weiter ins Tal und da sehen wir dann die erwähnten Hirtenschutzhunde. Als wir uns der hier weidenden Schafherde nähern, kommen uns die großen weissen Hunde – Maremmano-Abruzzese- Hunde – entgegen, bleiben aber in ca. 20 m Entfernung stehen und beobachten uns. Die Hunde sind ganz friedlich, aber beeinduckend.

Wir verlassen den Talboden und steigen dann noch ca. 300 Höhenmeter zur 2420 m hohen Bocchetta de Curciusa auf, einen sehr weiten flachen Sattel, auf dem es längere Zeit fast eben dahin geht. Dann komt das dicke Ende, denn es geht sehr steil nach dem Dorf San Bernardino ca. 800 Höhenmeter hinuter. Die Oberschenkel brennen von dem steilen Abstieg und an einigen Stellen ist ein Fehltritt nicht anzuraten. Obwohl es im Abstieg ist, befinden wir uns hier auf einem der anstrengensten und schwierigsten Abschnitte der ganzen Tour.

Geschafft - der höchste PunktAber auch das hat ein Ende, und endlich sehen wir den grünen Bus, mit dem uns Hansjörg Schrade abholt und zu den anderen ins Cafe bringt. Auch unser anderer Trupp hatte natürlich einen sonnigen Tag, sie haben eine gemütliche Wanderung um den See am San-Bernardino-Pass gemacht, viel fotografiert und die Seele baumeln lassen. Wir sind da schon etwas angestrengter, nach diesem Supertag jedoch innerlich ausgefüllt und glücklich.

Am Ende fahren wir dann zurück nach Nufenen, wo es am Dorfbrunnen noch ein Abschiedsfoto gibt. Danach verabschieden wir uns voneinander.

Wir haben uns in zwei Tagen bedeutend besser gegenseitig kennengelernt und haben an gegenseitigem Verständnis für die Bedürfnisse unserer Kunden und Lieferanten gewonnen. Und wir haben auch gesehen, wieviel Arbeit, Durchhaltevermögen und innere Überzeugung notwendig sind, um sich in dieser rauhen Umgebung zu behaupten und Erzeugnisse zu produzieren, die nicht durch Masse, sondern durch ihren Geschmack und ihre Qualität bestechen.

Es ist nun an uns von Berggenuss, diese Qualitätsprodukte so nach Deutschland zu liefern, dass sie in das Programm unserer Kunden passen und mit diesem Ausblick verabschieden wir uns.