Die Alpe Stoffelberg liegt oberhab von Niedersonthofen im Allgäu. Hier betreiben Catharina und Klaus Moll-Hochholzer seit 2008 eine Demeter-Alpkäserei. Den Käse führen wir inzwischen auch als besondere Spezialität in unserem Sortiment.
Bereits im Frühwinter 2009 haben wir die Alpe Stoffelberg im ersten Schnee besucht.
Da dieser Käse nicht nur von hervorragender Bio-Qualität ist, sondern auch in der Herstellung alle Kriterien für ein Slow Food-Produkt erfüllt, haben wir bei unserem Slow Food Convivium Augsburg einen Besuch der Alpe angeregt.
Im Juni 2010 war es dann so weit. Nach wochenlangem Regen treffen wir uns bei wunderschönem Wetter im Berg-Restaurant Alpenblick auf einen leckeren Rehbraten mit hausgemachten Spätzle.
Zu unserer Slow Food Gruppe von Augsburg schließen sich auch noch ein paar Mitglieder des Conviviums Allgäu an.
Wir versammeln uns auf der Alpe unter dem schattigen Kastanienbaum und lassen uns von Klaus erzählen, wie achtsam und nachhaltig die Alpe Stoffelberg bewirtschaftet wird.
2002 haben Klaus und Catharina die Alpe gekauft, die jahrelang nur extensiv bewirtschaftet wurde, weshalb die Gebäude auch stark mitgenommen waren.
Landwirtschaftliche Erfahrung haben beide mitgebracht von zahlreichen Stationen ihres bisherigen Lebens. Klaus hat in Witzenhausen Landwirtschaft studiert und beide haben mehrere Sommer auf Schweizer Alpen verbracht und dort das Sennerhandwerk gelernt.
Ein Pachtbetrieb mit Direktvermarktung und die Anstellung auf einem großen landwirtschaftlichen Gut waren weitere Stationen.
Als sie nun die Gelegenheit hatten, die Alpe mit den umliegenden Wiesen und Wäldern zu kaufen, stand schnell fest, daß die Alpe nach den strengen Demeter-Richtlinien bewirtschaftet werden soll, auch wenn die bisherigen Erfahrungen auf Bioland-Höfen gesammelt wurden.
Auch wenn der Schwerpunkt auf der Käse-Produktion liegt, so wird die Alpe mit ihren Streuobstwiesen und dem großen Garten auch zu weitgehender Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln genutzt. So kommt wieder Leben auf die Allgäuer Alpflächen, die ohne diese Bewirtschaftung schnell verbuschen würden und dann bei weitem nicht mehr so lebendig und artenreich wären.
Für die Befruchtung der Obstbäume hält Katharina auch Bienen und tauscht sich darüber mit unserem Slow Food Imker Wolfgang aus. Beide können ein Lied singen von diesem schwierigen Frühjahr, wo die Bienen fast verhungert sind.
Ganz wichtig ist, daß alle Tiere Hörner haben. Hier trifft sich die Philosophie der Molls mit den Vorgaben vom Demeter-Verband, der das Entfernen der Hörner nicht erlaubt.
Feinschmecker berichten, daß die Milch von Kühen mit Hörnern einfach besser schmeckt.
Wer Tiere liebt und die Kühe genau beobachtet, kann sich vorstellen, daß die Hörner im sozialen Leben der Tiere eine wichtige Rolle spielen, vielleicht vergleichbar mit den Haaren von uns Menschen? Und die Demeter-Lehre besagt, daß Hörnern, die gut durchblutet sind und sich deshalb auch warm anfühlen, eine wichtige Ausgleichsfunktion für den leistungsfähigen Verdauungstrakt der Wiederkäuer haben.
Nach der Beobachtung eines Allgäuer Artztes ruft die Milch von behornten Kühen keine Allergien hervor, weil die Eiweiß-Zusammensetzung anders ist.
Natürlich ist die (versehentliche) Verletzungsgefahr bei Kühen mit Hörnern etwas größer. Deshalb braucht jede Kuh mehr Raum um sich als bei hörnerloser Haltung.
Warum sind die Kühe geliehen und nur im Sommer auf der Alpe?
Das hat viele Gründe:
Die Alpe bringt nicht genug Heu, um die Kühe über Winter zu versorgen.
Außerdem ist das Käsen und die Versorgung der Kühe sehr zeitaufwändig.
Im Winter, wenn die Kühe wieder auf ihrem Heimatbetrieb sind, fallen andere Arbeiten an.
Der ganze Hof wurde ja in den letzten Jahren komplett renoviert, eine Holzheizung gebaut und es fällt viel Arbeit im Wald an. Auch hat es bürokratische Gründe, dazu gleich mehr.
Neben Kühen gibt es Ziegen auf der Alpe, die auch über Winter bleiben dürfen.
Da die Geißen Jungtiere haben, werden sie nicht gemolken. Dennoch erfüllen sie eine wichtige Aufgabe: Sie fressen Sträucher und Adlerfahrn, welche von den Kühen verschmäht werden. So sorgen die Ziegen dafür, daß die steilen Wiesen nicht verbuschen, sondern kräuterreiche Gräser sich durchsetzen können.
Hinter dem Kuhstall lebt eine kleine Schweineherde in ihrem Offenstall mit Auslauf und Strohbett. Die Schweine bekommen täglich die Molke, die beim Käsen überbleibt und etwas Getreideschrot.
Das ergibt ein wohlschmeckendes Fleisch und es haben sich gleich Interessenten gemeldet, die im Herbst zur Schlachtung benachrichtigt werden wollen.
Das Stroh kommt von einem Bio-Betrieb auf der Schwäbischen Alb. Aus dem Stroh und Mist entsteht ein wunderbarer und gesunder Dünger für die Bergwiesen, die nie Gülle sehen.
Vom Stall geht's nun zu dem Herzstück der Alpe, der Käserei, die neu gebaut wurde.
Klaus und Catharina sind zu recht sehr stolz auf den schönen Holzbau mit Natursteinkeller.
Im letzten Winter haben wir auch den Käsekeller besichtigt. Bei der Gelegenheit sind die Innenaufnahmen entstanden. Die Slow Food Gruppe darf von außen einen Blick werfen auf den Käsekessel aus Kupfer und lauscht gebannt den interessanten Erklärungen zur Bauweise und zur Verkäsung.
Über dem Natursteinkeller befindet sich eine Holzdecke und darüber eine Dämmung aus Bentonit. Darüber befindet sich ein Hohlraum, der zur Lüftung dient.
So bleibt der Käsekeller gleichmäßig relativ kühl.
Die Reifung geschieht, ganz im Sinne von Slow Food sehr langsam.
Der Aufbau der Käserei ist mit Fichtenholz aus dem Chiemgau gebaut. Damit das Holz nicht reißt, wurde es in der rechten Mondphase geschlagen, sorgfältig getrocknet und mit großem handwerklichen Geschick in Blockbauweise verarbeitet.
Es ist nicht leicht, Handwerker zu finden, die noch so bauen können.
Die heutigen Käsekeller-Spezialisten sind an Beton, Fliesen und Klimaanlagen gewöhnt.
Der Boden in der Sennerei ist aus Naturstein. So entstand ein Raum, der komplett frei ist von ausdünstenden Baustoffen wie Beton und Silikon.
Und hier liegt ein weiterer Grund, warum die Kühe nicht ganzjährig auf der Alpe gehalten werden.
Nur deshalb, weil es sich um einen echten Alpbetrieb handelt, darf die Sennerei mit Holz und Naturstein gebaut werden, statt mit Beton und Fliesen.
Und es darf noch ein Kupferkessel vewendet werden, der völlig unkritisch ist, sofern die Milch nur kurzzeitig zum Verkäsen im Kessel verbleibt und die Milchsäure keine Zeit
hat, Kupfer freizusetzen.
Die Käserei aus Holz und Stein kann nicht einfach mal schnell mit dem Schlauch ausgespritzt werden. Seine Sauberhaltung erfordert besondere Achtsamkeit, ist dann aber auch nicht weiter schwierig.
Wer nun glaubt, daß nur Methoden aus den letzten Jahrhunderten zum Einsatz kommen, der irrt sich.
Der Käsekessel wird nicht etwa mit offenem Feuer erhitzt, sondern die Milch wird mit einer Computer-gesteuerten Heizung auf schonende 40°C erwärmt. So bleibt alles Wertvolle der Rohmilch erhalten.
Ein Feuer -erklärt uns Klaus- wäre bis zu 800°C heiß und würde zumindest die Milch am Boden des Kessels viel zu stark und schwer kontrollierbar erhitzen.
Zum Heizen des Kessels kommt die gleiche neue Holz-Zentralheizung zum Einsatz, mit der auch das Wohnhaus geheizt wird.
Nun haben wir soviel Theorie über die Käseverarbeitung gelernt, daß es Zeit wird für die praktische Verkostung.
Catharina hat zwischenzeitlich einen Tisch gedeckt mit selbstgemachter Butter, Buttermilch, selbstgeerntetem Apfelsaft und natürlich dem guten Berg- und Alpkäse, den wir schon heiß ersehnt haben.
Während dem Essen erklärt uns Klaus die verschiedenen Herstellungsverfahren beim Berg- und Alpkäse.
Eine Besonderheit dieser Alp-Käserei ist die eigene Fettsirte.
Dieses -an sich einfache und autonome- System ist sehr alt und die früheren Sennen kannten nichts anderes.
Dabei handelt es sich um die Mikroben-Kulturen, die ähnlich einem Sauerteig, aber von joghurt-ähnlicher Konsistenz, täglich weiter gezüchtet werden und letztendlich für den Geschmack und die Konsistenz des Käses entscheidend sind.
Alle vier bis fünf Wochen werden neue Bakterien-Stämme gekauft, um den Geschmack des Käses auf höchstem Niveau zu halten.
Selbstverständlich kommen nur Mikroorganismen zum Einsatz, die nicht gentechnisch verändert wurden, wie bei konventionellem Käse heute zum Teil schon üblich.
Die nächste halbe Stunde sind alle mit dem Verkosten der leckeren Spezialitäten beschäftigt und die Konzentration läßt langsam nach.
Wer mag, deckt sich noch mit Käse für zu Hause ein.
Dann wird es für Catharina Zeit, die Kühe für die Abendmelkung von der Wiese zu holen.
Wir von Slow Food runden den gelungenen Tag wahlweise mit einem schnellen Ausflug auf den Stoffelberg bzw. mit einem weiteren Besuch des Restaurants Alpenblick ab, wo eine Hochzeit für die zünftige musikalische Untermalung des Abends sorgt.